Vernissage "im listrosjahr 2010"

Ein Bericht von Dr. Konrad Melchers, April 2011

Ein buntes Publikum, füllte am 31. März 2011 die drei großen Räume der LISTROS-Galerie zur Vernissage der 12 Malereien von Grimmling "im listrosjahr 2010", Prof. Hans-Hendrik Grimmling, Listros-Mentor, hatte das für den Listros-Verein so turbulente Jahr 2010 auf seine Weise verarbeitet. Insgeheim, im Rückzugsgebiet seines Ateliers, hatte er zwölf große Bilder auf Acryl - inzwischen sind noch einige dazu gekommen - gemalt: Hommagen an die Listros, Würdigungen ihrer einfachen Arbeit, ihrer Über-Lebens-Kunst.

 

Das Symbol der Listros Initiative ist die äthiopische Schuhputzbox, der "dream in the box". In dieser Box steckt die hoffnungsvolle Zukunft, nach der die jugendlichen Schuhputzerinnen und Schuhputzer in Äthiopien mit ihrer "Glanzarbeit für Bildung" streben.

Grimmling hat zusammen mit einigen seiner Studenten die Ausstellung "Perspektivwechsel" im Oktober/November 2010 in den Arkaden am Potsdamer Platz kuratiert.

Im Zentrum der Ausstellung standen Installationen mit Tausenden von originalen Schuhputzboxen.

Zu jeder dieser Boxen gibt es eine "Botschaft an die Welt", die der jeweilige alte Besitzer der Box beim Tausch gegen eine neue verfasst hat. Grimmling verwendet die geheimnisvoll, schwarze Öffnung der Boxen und stilisiert damit Schuhputzergesichter. Daraus sind eindringliche Botschaften entstanden - für Grimmling, den liebenswürdigen Pessimisten, Anklagen an unsere ungerechte Welt. Dazu Hände, die Beine, Füße, Stiefel greifen zwischen Umsorgen und Sorge, ja Angst.

Für Verehrer der Grimmling-Kunst hat der Maler mit seiner Listros-Serie wieder zu einer neuen Gegenständlichkeit gefunden. Er selbst schreibt zur Entstehung der Bilder: "Ich merkte, dass durch die Betreuung dieses Projekts (Ausstellung "Perspektivwechsel" K.M.) und meiner Studenten eine andere Nähe zu Listros und eine Auseinandersetzung damit entstand, und ich an meinen 'Atelierarbeiten' eine mir bisher unbekannte Zwangsläufigkeit beobachten konnte. Wie immer meinem alten Rhythmus im 'Weiterarbeiten' folgend, entwickelte sich doch eine fast unbewusste Verarbeitung dieser Reflexionen vom 'Draußen' in den Bildern, und es kreuzten sich Ent-Fernungen in bzw. aus zwei Richtungen. Ich arbeitete, wie früher bei solchen Anlässen auch, mit Formulierungen, die soundso die Verstrickung in die benannte Sehnsucht (nach der weltweiten Ferne, K.M.) ausdrückten, aber wie mechanisch fast Adaptionen vom aktuellen 'Draußen' als Zeichen und Chiffren implementierten. Und dieses ganze 'Draußen' war in den zurückliegenden Monaten für mich das Listros-Jahr."

Der Laudator Peter Herrmann

Peter Herrmann, Grimmlings Malerfreund schon in schwersten DDR-Zeiten, hielt die Laudatio. Er würdigt Grimmling im Kunstbergwerk: "Karrenschieber, Hauer, Steiger. Sohle drei, Durchbruch zu Sohle zwei ist geschafft. Sohle eins immer noch in weiter Ferne." Ohne Umschweife benennt er Grimmlings Lieblingsfarbe: "Schwarz ist seine Sonne, seine Pinsel Presslufthämmer und Pfauenfeder. Er selbst schweres Gestein, ein harter Brocken. - Listros, die Schuhputzer stehen ihm nahe. Schwarze Creme, schwarze Pigmente - Kohlenstaub." Und zu den Bildern: "Schwarz weiß. In die Leinwand gehauene Formen. Langes Hinschauen wird belohnt. Gesichter, Stiefel, Hände, dunkles Äthiopien, dunkle Welt, grelles Licht, Hunger, ---"

Als Dank für Grimmlings Engagement überreichte Dawit Shanko eine originale Schuhputzbox und eine der 3500 Listros-Botschaften an die Welt. Die Boxen sind Mitgliedausweise für das Listros Netzwerk und Auszeichnungen für herausragende Unterstützung.

Bis in die Nacht 'swingten' drei der "Five Guys Named Moe" zur großen Freude der Jazzliebhaber.


Die Listros Galerie hat sich zum Ziel gesetzt, die Bilder von Grimmling und weiterer Pro-Listros Maler in Äthiopien auszustellen, um dort die öffentliche Diskussion über die jugendlichen Schuhputzer, ihren "Wert" in der Gesellschaft und ihre Zukunftschancen zu beleben.

Bis auf ein verkauftes Bild sind alle Bilder noch zu erwerben - auch in Ratenzahlung wie ein Mitgliedsbeitrag zum Listros Verein und für dessen Arbeit in Äthiopien und Deutschland.

Wer dafür nicht genug Geld hat, kann den schmalen Katalog der Ausstellung für 10 Euro erwerben. Bestellungen werden zügig bearbeitet.

Empfehlenswerter ist der Besuch der Ausstellung, Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag 10- 19 Uhr  und Samstag 10 - 16 Uhr bis.
Die Ausstellung läuft bis 19. Mai 2011.
Auf das reiche Veranstaltungsprogramm während der Ausstellung sei verwiesen.

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