Herrmann wurde 1937 in Großschönau bei Zittau geboren und wuchs in Dresden auf. Hier arbeitete er bis 1970 unter anderem als Chemigraph, bevor er 1971 als freischaffender Künstler in der Künstlergruppe „Lücke“ aktiv wurde.
Er stammt aus dem Kreis um Jürgen Böttcher (Strawalde), der ihn 1961 in seinem damals verbotenen Kurzdokumentarfilm „drei von vielen“ porträtierte. Zu seinen Mitschülern und Freunden gehören Winfried Dierske, Peter Graf, Ralf Winkler (A.R. Penck) und Peter Makolies.
Seit 1986 lebt und arbeitet Herrmann in Berlin. Obwohl er bereits 1984 die DDR verließ, gilt er immer noch als DDR-Maler. "Das haftet mir immer an und doch bin ich bis heute ein Außenseiter geblieben ", sagte er einmal in einem Ateliergespräch mit Moritz Schuller.
Und was auch immer sonst Herrmann von Ost nach West bewegt und DORT wie auch HIER durchlebt hat, hat Peter stets enthüllendes mitzuteilen.
VON DORT BIS HIER
Zweifelsfrei sind Hermanns Malerei außergewöhnliche Alltagsbilder, die von vermeintlicher Naivität geprägt sind. Und doch sind sie voll zeitlosem Tiefgang und einer rüttelnder Aussagekraft, die gleichwohl sanft und feierlich berühren. Sanftheit und Leichtigkeit, würde man meinen, sind die Kräfte, mit der Hermann seine Pinsel bewegt, wenn er den Zeitgeist, das Konjunkturelle und aber auch die aktuelle Fragen unserer Zeit auf seiner Leinwand bestreicht.
Im Rahmen des Ausstellungszyklus VON DORT BIS HIER werden seit nun drei Jahren Fragen angesprochen wie:
Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin bewegen wir uns eigentlich?
Und ob und wann wir überhaupt irgendwo ankommen, wenn wir beschließen, weg zu gehen?
All diese Fragen werden auch bei Herrmann unbeantwortet bleiben. Aber Herrmann liefert uns einen völlig anderen Ansatz im Umgang mit diesen aktuellen Themen.
Auf den ersten Blick nimmt Herrmann mit dem Titel „Schuhschnabel“, wie immer spielerisch und ironisch, Bezug auf die Namensgeber der Galerie LISTROS – die äthiopischen Schuhputzer -, aber er macht den Vogel auch zur Metapher für die aktuelle Frage unserer Zeit: Was bewegt Millionen von Menschen, sich auf den Weg nach Europa zu machen?
Die Gründe, aus denen Menschen ihre Heimat verlassen, mögen sicher so vielfältig wie ihre Ausgangspunkte selbst sein. Ob sie aber irgendwann und irgendwo wirklich ankommen oder sie dort eine neue Heimat finden werden, das hängt wahrlich von vielen Faktoren ab.
Die Frage, ob und was Kunst in diesem Spannungsfeld überhaupt leisten kann, wollen wir aber erst am 03.12.2015 um 20Uhr in der Ausstellung "SCHUHSCHNABEL" mit Herrmann in einem Künstlergespräch erörtern.
Die heute nur in Afrika vorkommende Vogelgattung namens Schuhschnabel wird sicher eines Tages auch den Weg nach Europa finden (müssen), wenn Menschen seinen Lebensraum nicht mehr respektieren und gar zerstören. Ob dann Deutschland oder doch eher Kroatien das große Ziel für den Schuhschnabel sein wird, und ob der Schuhschnabel mit den Graugänsen, Moorenten und Silberreihern der europäischen Sümpfe zusammen leben kann, wird nur die Zeit zeugen können.
Ich denke, Heimat ist dort, wo man hofft geschützt leben zu können. Auch der Schuhschnabel verharrt lange Zeit in seiner Heimat, an Sumpfgebieten und Seeufern in Afrika, obwohl er wegfliegen könnte. Migration ist nichts anderes als erst dann die Flügel auszubreiten und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat zu begeben, wenn Nahrung, Schutz und eine sichere Zukunft gefährdet ist. Ob aber wir letztendlich wegfliegen oder bleiben, hängt stark nicht zuletzt von der Lernfähigkeit der Wohl- und Machthabenden in dieser Welt, mit ihrer Übermacht endlich anders umzugehen.
Denn wir alle haben Flügel, wenn es darauf ankommt, zu fliehen. Und keine Mauer der Geschichte hat bisher geschafft, langfristig dem Vogel den Weg zu sperren.
Das ist vielleicht die wichtigste Aussage der Ausstellung „Schuhschnabel“.
Dawit Shanko