LISTROS Statement - Christiane Latendorf

Der Lappen und sein Freund

Es war einmal ein Lappen, er war himmelblau, so wie jeden Tag der Himmel war über einem kleinem Jungen, der Schuhe putzen ging. Er sah diesen Lappen und nahm ihn nun täglich mit. Der Lappen wurde schwarz, doch Dan – so hieß der kleine Junge –sah darin immer den blauen Himmel. Gern wäre Dan zur Schule gegangen als auf der Straße zu sein, wo es so viele Autos, Gestank und Lärm gab und wo ihn keiner beachtete, trotz seiner wundervollen glänzenden Augen, die von vielen Träumen erzählten.

Dan hatte seinen kleinen Schuhputzlappen gern, er half ihm die Schuhe feiner Leute blankzureiben und für ihn hatte dieser unscheinbare Lappen auch ein Gesicht. Manchmal lächelte er, wenn Dan sehr traurig war. Er hatte wenig Hoffnung, seiner Familie, besonders der Mutter und kleinen Schwester, genug helfen zu können. Dann war er sehr verzweifelt. Er rief laut: ‚Blanke Schuhe!‘ und versuchte den ein oder anderen zu überzeugen, dass es gut wäre, seine Schuhe vom Staub zu befreien. Manchmal hatte er Glück und der feine Herr oder die Dame gaben ihm etwas mehr als gewöhnlich. Dann sagte er zu seinem Lappen: ‚Siehst du, nun können wir heute Abend alle satt werden und du bekommst auch etwas ab.‘ Aus Dankbarkeit legte er eine schöne Blüte hin oder einen Krümel Reis, das war Freude genug. Hätte er nicht seinen Freund den Lappen, der ihn täglich zur Arbeit begleitete, dann wäre ihm schon manches Mal der ganze Mut geschwunden. Die Mutter schaute ihn liebevoll an: ‚Mein guter Junge, danke, dass du mir hilfst‘. Dann sagte Dan leiste: ‚Ich bin ja ganz allein, ich habe einen Freund, der mir hilft, so helfen wir uns und uns wird geholfen.“

Heute ist Dan ein großer Mann, aber seinen Freund, den Lappen, hat er nie vergessen und auch nicht die vielen Kinder  in Äthiopien und anderswo, die noch heute für ihre Familien sorgen müssen, weil das Nötigste fehlt – Nahrung. Dan sieht uns an und wir sehen die vielen Augen, die noch Hilfe brauche. Gibt es nicht genug Elend und Ungerechtigkeit auf dieser Welt. Warum müssen Menschen Krieg führen. Frieden für alle! Warum ist das so schwer? Es wäre so schön, wenn alle für Frieden sorgen könnten. Nur wer einmal Leid und Hunger hatte und Schmerzen, versteht eine Freundschaft, die auf der Straße begann.“

So trägt ein Glied des anderen Last um seines Hauptes willen, denn wer des anderen lasten fasst, lernt das Gesetz erfüllen, worin uns Christus vorangeht. Dies königlich Gebot besteht in einem Worte: Liebe.                                                      (Philipp Friedrich Hiller, 1731)