Reliefs

Karl Olin Mogensen

Eröffnung:
13. November 2012, 18 - 21 Uhr

Ausstellungsdauer:
14. - 17. November 2012

Ein Bilderrahmen erfüllt die konkrete Funktion, das Bild abzugrenzen und es vor äußeren Einflüssen zu schützen. Darüber hinaus lenkt er die Aufmerksamkeit auf die von ihm begrenzte Fläche und zieht eine plastische Trennlinie zwischen der vom Künstler geschaffenen Bildwelt und der umgebenden Wirklichkeit.

Karl Olin Mogensen hat die Rahmen von ihrer ursprünglichen Funktion befreit und in einer einfachen wie genialen Wendung aufgewertet zu autonomen Zeichen seiner Bildsprache. Durch die Zusammenstellung von Realitätsfragmenten und ihre Hängung an die weiße Wand eines Ausstellungsraumes ergibt sich sowohl formal als auch inhaltlich ein verschachtelt-vielschichtiges Beziehungsgefüge, welches unweigerlich eine regelrechte Kettenreaktion von Assoziationen und Reflexionen auslöst.

Die Reliefs sind nicht rechteckig, sie sind auch nicht gerahmt, im Gegensatz zu ihren Grundbestandteilen ufern sie asymmetrisch aus und nehmen auf diese Weise Besitz von der Wand. Nicht nur durch dieses Wuchern und Streben, sondern auch durch das Fehlen einer Grundfläche, auf welche die leeren Rahmen montiert wären, werden Wand und Raum stark in die Werke integriert.

Diese grenzüberschreitende Durchkreuzung der traditionellen Auffassung eines Kunstwerkes als illusionistischer Wiedergabe von Realität hat ihre Ursprünge in den avantgardistischen Kunstströmungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und führte nach dem Zweiten Weltkrieg im Kontext von Neo-Dada, Pop Art und Nouveau Réalisme zu einem erneuten Einbruch der Realität in die Kunst, der bis heute nicht an Aktualität verloren hat. Durch die gleichsam osmotische Durchlässigkeit für Luft, Fläche und Raum spitzt Mogensen diese wechselseitige Durchdringung von Kunst und Wirklichkeit in seinen Objekten weiter zu.

Vorgegeben wird die Thematik durch die zweckentfremdeten Bilderrahmen als Grundelemente der Reliefs. Trotz ihrer Emanzipation vom Bild schwingt gerade im Kontext einer Kunstausstellung ihre ursprüngliche Funktion noch mit; doch ist auch an ihnen nachzuvollziehen, wie an Stelle einer illusionistischen Darstellung die dreidimensionale Wirklichkeit tritt. Nicht zuletzt wird hierdurch der Blick auf die Rahmen selbst gelenkt – auf ihre Materialität und Farbe, ihre Machart und Gebrauchsspuren.

Die Entscheidung des Künstlers, in seinen Arbeiten die traditionell eher weltfremde, weil hauptsächlich auf die Sphäre der Kunst bezogene Formensprache der geometrischen Abstraktion ausgerechnet mithilfe der absolut weltbejahenden Technik der Assemblage von Alltagsgegenständen zu realisieren, vereint schließlich erneut scheinbar unvereinbare Gegensätze und entzieht sein Werk damit wiederholt einer dem Schubladendenken verhafteten Kunstauffassung.

Maja Stark, Kunsthistorikerin M.A



Listros Künstler

"Spur" 2012

Karl Olin Mogensen schreibt zu der Skulptur "SPUR": 

SPUR, MdF lackiert, Gips, Lack, Grafit, 30 x 40 x 30 cm

Mir war der Verein LISTROS und seine Initiativen neu, als sich die Option einstellte, in der Galerie eine Ausstellung zu installieren. Im Zuge der Vorbereitungen entwickelte ich unterschiedliche Ansätze für eine Verbindung zwischen der Serie der RELIEFS und den Anliegen des Vereins - mir war dabei wichtig, auf das Addis Abeba von heute Bezug zu nehmen, aber ich wusste nicht viel darüber. Durch meine Recherchen bin ich dem Land ein wenig näher gekommen und in die Ausstellung sind die kleinen Fortschritte eingeflossen. Allerdings kann das nur ein Anfang sein für eine Arbeit, die sich wirklich mit den Belangen der Schuhputzer von Addis Abeba befasst.

Die Skulptur SPUR existierte bereits, als die Planungen für die Ausstellungen begannen. Trotzdem gibt es eine Verbindung: Sie besteht aus zusammen gesetzten Bilderrahmen, die noch in ihrer Originalverpackung auf dem Müll gelandet waren und thematisiert unter anderem Vorgänge und Vehaltensweisen einer "Wegwerfgesellschaft", in der offenbar Dinge so billig produziert werden, dass sie nach Transport, Lagerung, Ausstellung und Kauf direkt in die Entsorgung weitergeleitet werden.

Wir bewegen nicht mehr Dinge, sondern wir bewegen uns durch Dinge, wir wühlen uns durch unseren Konsummüll. Das erinnert mich an Bilder von Menschen in Ländern mit hoher Armut, die sich auf Müllhalden durch den Abfall der Industrieländer bewegen, um dort ihre "Ernte" einzufahren.

Dies ist ein Thema meiner Arbeit: Verschwendung und Wiederverwendung - das Ende der Dinge, ihrer Geschichten und ihre Renaissance.

Ich übergebe die Skulptur SPUR gerne an den Verein LISTROS als Spende für den guten Zweck, dem der Verein dient.

Karl Olin Mogensen

Fotos: Thomas Kummerow